EVENTI LETTERARI MONTE VERITÀ seit 2013 in Ascona, Schweiz

11. Ausgabe, 30. März - 02. April 2023
EVENTI LETTERARI MONTE VERITÀ seit 2013 in Ascona, Schweiz

 

Seit mehr als einem Jahrhundert ist der kleine Hügel über dem Ort Ascona mit dem Namen Monte Verità ein Anziehungspunkt für Begegnungen und den Austausch von Ideen. Zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hatte sich dort eine utopische Gemeinschaft von Anarchist*innen, Philosoph*innen, Künstler*innen und Schriftsteller*innen, Nudist*innen und Vegetarier*innen versammelt, um hier nach Authentizität und nach Freiheit im Denken zu suchen. Zwanzig Jahre lang hatten sie das berühmte Hotel bewohnt, das der reiche deutsche Bankier und bedeutende Kunstsammler Baron Eduard von der Heydt dort im Bauhausstil hatte errichten lassen. Heute ist das von einem weitläufigen Park umgebene Gebäude Eigentum des Kantons Tessin. Es beherbergt Wissenschaftler*innen aus aller Welt in einer zauberhaften Umgebung voll schöpferischer Kraft.

Der berühmte Schweizer Kurator Harald Szeemann hat in einer bahnbrechenden Ausstellung Monte Verità – Die Brüste der Wahrheit die utopische Geschichte dieses magnetischen Ortes aufgezeichnet.

Aus dieser unvergleichlichen Inspirationsquelle ist 2013 das Literaturfestival Eventi letterari Monte Verità entstanden, das ganz bewusst die Atmosphäre der lebendigen kulturellen Debatte jener Jahre wiederbeleben will. Schriftsteller*innen, Philosoph*innen, Künstler*innen und Denker*innen unserer Zeit sind dazu aufgerufen, die Erinnerung an das Zwanzigste Jahrhundert und seine Wurzeln den Konzepten und Erfahrungen der Gegenwart gegenüberzustellen. Bisher teilgenommen haben u.a. Svetlana Aleksievič, Alessandro Baricco, Tahar Ben Jelloun, Luciano Canfora, Rachel Cusk, Erri De Luca, David Grossman, Durs Grünbein, Yasmina Khadra, Hanif Kureishi, Claudio Magris, Alberto Manguel, Melania Mazzucco, Ian McEwan, Herta Müller, Adolf Muschg, Orhan Pamuk, Christoph Ransmayr, Bernhard Schlink, Ingo Schulze und Manuel Vilas. 

Die ersten sechs dem Thema Utopie gewidmeten Ausgaben der Eventi letterari fanden unter der Leitung von Joachim Sartorius statt. Im Jahr 2019 folgte ihm Paolo Di Stefano nach, der die künstlerische Festivalleitung bis 2022 innehatte. Die elfte Ausgabe wird unter der Führung eines neuen künstlerischen Leiters stehen: Stefan Zweifel, Journalist, Kurator und Übersetzer. Weiterhin wird Maike Albath, Journalistin und Literaturkritikerin, in beratender Funktion Teil der künstlerischen Leitung sein, ebenso der Filmemacher Stefano Knuchel, der das Team ergänzt.

Das Festival findet in der Woche vor Ostern statt, und zwar an den vier Tagen von Donnerstag bis Sonntag. Abgesehen vom Eröffnungsevent im PalaCinema in Locarno werden alle Veranstaltungen im Raum Balint auf dem Monte Verità in Ascona durchgeführt.

Ausgehend vom literarischen Werk des jeweiligen Gastes gestalten sich die etwa einstündigen Veranstaltungen in Form eines Dialogs mit einem Journalisten in der Sprache des Schriftstellers und mit Simultanverdolmetschung in die anderen Festivalsprachen. Im Rahmen des Gesprächs wird der Autor zudem kurze Textausschnitte aus seinen jüngsten Werken lesen.

Seit der ersten Ausgabe gehört zusätzlich das Cenacolo del Monte Verità zum Festival, ein in seiner Ausrichtung einzigartiger Workshop für junge Schriftsteller*innen aus den verschiedenen Sprachregionen der Schweiz, der jeweils von einem namhaften Schriftsteller koordiniert wird. In einer Epoche, in der dem Denken und der Kontemplation immer weniger Zeit eingeräumt wird, soll mit dem Cenacolo das dem Monte Verità eigene Klima der Begegnung und des gegenseitigen Zuhörens von Künstlern wieder aufleben. In den Vorjahren wurde der Workshop von Vanni Bianconi, Anna Ruchat, Paolo Di Stefano, Michela Murgia, Alessandro Leogrande, Prisca Agustoni, Fabio Pusterla und Matteo Terzaghi geleitet. Seit 2019 besteht eine Kooperation mit der Universität der italienischen Schweiz USI.

Im Rahmen des Festivals wird schliesslich jedes Jahr der Preis in Erinnerung an Enrico Filippini (Locarno 1932 – Rom 1988) vergeben. Der jugendliche Meister war Übersetzer von Husserl, später von Benjamin, Grass, Frisch und Dürrenmatt sowie Editor der Verlage Feltrinelli, Saggiatore und Bompiani. Der Premio Filippini geht auf eine Idee von Irene Bignardi und Paolo Mauri zurück und soll Personen und Initiativen auszeichnen, die in der Welt der Bücher voller Mut, Kreativität und Erfindungsreichtum tätig sind. Er wurde in den Vorjahren an Bernard Comment, Klaus Wagenbach, Renata Colorni, Teresa Cremisi, Romano Montroni, Jorge Herralde, Elisabetta Sgarbi für das Verlagshaus La nave di Teseo, Pietro Biancardi und an Emilia Lodigiani für das Verlagshaus Iperborea, Jean Richard für das Verlagshaus Éditions d’en bas vergeben, und, im Jahr 2022, an Philipp Keel für das Verlagshaus Diogenes vergeben.

Die elfte Ausgabe der Eventi letterari wird von der Associazione Eventi letterari Monte Verità gefördert, der Raphaël Brunschwig vorsteht. Die künstlerische Leitung liegt bei Stefan Zweifel, beraten wird er dabei von Maike Albath und Stefano Knuchel. Organisatorische Leiterin ist Carmen Werner. Das Festival wird jedes Jahr von diversen Einrichtungen gefördert: dem Departement für Bildung, Kultur und Sport des Kantons Tessin, der Gemeinde Ascona und der Tourismusorganisation Lago Maggiore e Valli. Die Durchführung ist möglich dank bedeutender Partner aus der Privatwirtschaft wie die Mobiliar und Hertz und der Hilfe wichtiger Schweizer Kulturstiftungen.