© Michiel Devijver (Milo Rau)/© Nicole Strasser (Tom McCarthy)/© Mario Gomes (Ann Cotten)
Veranstaltungen

Milo Rau, Tom McCarthy, Ann Cotten, Yvan Sagnet

Das radikale Nein

Das radikale Nein der Dadaist*innen, die aus Protest gegen den Ersten Weltkrieg die Sprache der Politik und Ökonomie zerschlugen, führte oft zu einer schwarz-romantischen Verklärung des Terrors, der heute in tragischster Weise seine unfassliche Frag-Würdigkeit bewusst werden lässt. Die „Avantgarde“ als kämpferische „Speerspitze“ wollte unbekanntes Gelände erforschen und wird heute von der Realität eingeholt. Wie weit darf Kunst gehen? Wo liegen die Grenzen der kreativen Sehnsucht, alle Grenzen zu überschreiten? Wie ist ihr Verhältnis zum realen politischen Kampf? Milo Rau, der diese Grenzen in seiner Arbeit immer wieder auslotet, gibt mit seinen Gästen einen exklusiven Ausblick auf seine erste Ausgabe der Wiener Festwochen.

 

Moderation: Stefan Zweifel

Sprache: Deutsch, Englisch, Italienisch
Simultanübersetzung: Italienisch, Deutsch

Die Veranstaltung wird auch auf unserer Webseite als Livestream übertragen (Simultanübersetzung online nicht verfügbar).

 

Milo Rau

Geboren 1977 in Bern, ist Regisseur, Autor und seit der Saison 2018/19 Intendant des NTGent (Belgien). Seit 2002 veröffentlichte er über 50 Theaterstücke, Filme, Bücher und Aktionen wie Die letzten Tage der Ceausescus (2009), Hate Radio (2011), Die Moskauer Prozesse (2013) oder eine Europa-Trilogie über die europäische Geschichte von Krieg, Flucht und Verbrechen an der Menschlichkeit. Zuletzt wurde in Genf seine Opernregie Justice und eine neue Version der 100 Tage von Sodom in Gent aufgeführt. Sein Film Das Neue Evangelium (2019) und Die Revolte der Würde, in dem die Evangeliumserzählung mit den aktivistischen Kämpfen sizilianischer Erntehelfer verknüpft wird, wurde 2021 mit dem Schweizer Filmpreis für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. 2024 übernimmt er die Wiener Festwochen.

Tom McCarthy

Tom McCarthy lebt als Autor in Berlin. Seine Bücher wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt und für Theater, Radio und Kino adaptiert, so wurde sein Longseller 8 ½ Millionen (Diaphanes Verlag, 2009) 2015 unter dem englischen Originaltitel Remainder verfilmt. Weitere Romane wie K (DVA, 2012) und Satin Island (DVA, 2016) waren Booker Prize Finalisten. Er kuratiert auch Ausstellungen wie Empty House of the Stare in der Whitechapel Gallery London. Zuletzt erschien Der Dreh von Inkarnation (Suhrkamp Verlag, 2023).

Ann Cotten

Ann Cotten, *1982 in Ames, Iowa, lebt in Wien und Berlin. Seit dem Studium der Germanistik in Wien arbeitet sie als Schriftstellerin und Übersetzerin Englisch-Deutsch, u.a. von Joe Wenderoth, Rosmarie Waldrop, Isabel Waidner, Legacy Russell, Nirvana, Adam Green, Liesl Ujvary. Seit 2023 Co-Herausgeberin der Zeitschrift Triëdere. Zuletzt erschienen: Die Anleitungen der Vorfahren (Suhrkamp Verlag, 2023). Zur Zeit arbeitet sie an einem PhD in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin mit dem Arbeitstitel Misuseability.

Yvan Sagnet

Yvan Sagnet wurde am 4. April 1985 in Douala (Kamerun) geboren und kam im August 2007 zum Studium nach Italien. 2013 machte er seinen Abschluss in Telekommunikationstechnik an der Polytechnischen Universität Turin. Während seines Studiums organisierte er den Streik gegen die Anwerbung von illegalen Arbeitskräften und ihre Ausbeutung (Caporalato) in der apulischen Landwirtschaft. Er erreichte, dass der Straftatbestand des Caporalato geschaffen wurde, und führte den ersten Prozess in Europa zur Abschaffung der Versklavung. Anschliessend arbeitete er als Gewerkschafter für die Landarbeitergewerkschaft Flai-CGIL. Er hat die Bücher Ama il tuo sogno. Vita e rivolta nella terra dell’oro rosso (Fandango, 2012) und Ghetto Italia. I braccianti stranieri tra caporalato e sfruttamento (Fandango, 2015) über das Phänomen des Caporalato geschrieben, beide erschienen bei Fandango. Yvan Sagnet wurde von Staatspräsident Sergio Mattarella mit dem Orden „Cavaliere dell'Ordine al merito della Repubblica Italiana” (Ritter des Verdienstordens der Italienischen Republik) sowie der internationalen Auszeichnung „Angelo della Pace” (Friedensengel) geehrt und hat danach weitere wichtige Auszeichnungen für sein soziales Engagement erhalten. 2019 spielte er die Hauptrolle im Film Das neue Evangelium des Schweizer Regisseurs Milo Rau, in dem er den ersten schwarzen Jesus der Filmgeschichte verkörperte. Seit 2020 ist Yvan Sagnet Ehrenbürger der Gemeinde Lecce. Er hält Vorlesungen zum Thema Caporalato an verschiedenen italienischen und ausländischen Universitäten.