EVENTI LETTERARI MONTE VERITÀ seit 2013 in Ascona, Schweiz
Seit mehr als einem Jahrhundert ist der kleine Hügel über dem Ort Ascona mit dem Namen Monte Verità ein Anziehungspunkt für Begegnungen und den Austausch von Ideen. Zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hatte sich dort eine utopische Gemeinschaft von AnarchistInnen, PhilosophInnen, KünstlerInnen und SchriftstellerInnen, NudistInnen und VegetarierInnen versammelt, um hier nach Authentizität und nach Freiheit im Denken zu suchen. Später wurde der Komplex von Baron von der Heydt, dem Bankier des ehemaligen Kaisers Wilhelm II. und einem der größten Sammler zeitgenössischer Kunst, erworben, der dort das berühmte Hotel im Bauhausstil errichten ließ. Heute ist das von einem weitläufigen Park umgebene historische Gebäude Eigentum des Kantons Tessin. Hier finden internationale Veranstaltungen und Ausstellungen in einer zauberhaften Umgebung voll schöpferischer Kraft statt.
Der berühmte Schweizer Kurator Harald Szeemann hat in einer bahnbrechenden Ausstellung Monte Verità – Die Brüste der Wahrheit die utopische Geschichte dieses magnetischen Ortes aufgezeichnet.
Aus dieser unvergleichlichen Inspirationsquelle ist 2013 das Literaturfestival Eventi letterari Monte Verità entstanden, das ganz bewusst die Atmosphäre der lebendigen kulturellen Debatte jener Jahre wiederbeleben will. SchriftstellerInnen, PhilosophInnen, KünstlerInnen und DenkerInnen unserer Zeit sind dazu aufgerufen, die Erinnerung an das Zwanzigste Jahrhundert und seine Wurzeln den Konzepten und Erfahrungen der Gegenwart gegenüberzustellen. Bisher haben die drei Literaturnobelpreisträger*innen Swetlana Alexijewitsch, Herta Müller und Orhan Pamuk teilgenommen sowie schweizerische und internationale Autor*innen wie Alessandro Baricco, Tahar Ben Jelloun, Luciano Canfora, Rachel Cusk, Giuliano da Empoli, Erri De Luca, Carla Del Ponte, H.M. Enzensberger, David Grossman, Thomas Hürlimann, Fleur Jaeggy, Helena Janeczek, Alejandro Jodorowsky, Yasmina Khadra, Hanif Kureishi, Simone Lappert, Claudio Magris, Mario Martone, Melania Mazzucco, Ian McEwan, Laura Morante, Adolf Muschg, Christoph Ransmayr, Bernhard Schlink, Elisabetta Sgarbi, Zeruya Shalev und Manuel Vilas.
Die ersten sechs dem Thema Utopie gewidmeten Ausgaben der Eventi letterari fanden unter der Leitung von Joachim Sartorius statt. Im Jahr 2019 folgte ihm Paolo Di Stefano nach, der die künstlerische Festivalleitung bis 2022 innehatte. Die elfte Ausgabe wird unter der Führung eines neuen künstlerischen Leiters stehen: Stefan Zweifel, Journalist, Kurator und Übersetzer. Weiterhin wird Maike Albath, Journalistin und Literaturkritikerin, in beratender Funktion Teil der künstlerischen Leitung sein, ebenso der Filmemacher Stefano Knuchel, der das Team ergänzt.
Das Festival findet in der Woche vor Ostern statt, und zwar an den vier Tagen von Donnerstag bis Sonntag. Abgesehen vom Eröffnungsevent im PalaCinema in Locarno werden alle Veranstaltungen im Raum Balint auf dem Monte Verità in Ascona durchgeführt.
Im Rahmen des Festivals wird schliesslich jedes Jahr der Preis in Erinnerung an Enrico Filippini (Locarno 1932 – Rom 1988) vergeben. Der jugendliche Meister war Übersetzer von Husserl, später von Benjamin, Grass, Frisch und Dürrenmatt sowie Editor der Verlage Feltrinelli, Saggiatore und Bompiani. Der Premio Filippini geht auf eine Idee von Irene Bignardi und Paolo Mauri zurück und soll Personen und Initiativen auszeichnen, die in der Welt der Bücher voller Mut, Kreativität und Erfindungsreichtum tätig sind. Er wurde in den Vorjahren an Bernard Comment, Klaus Wagenbach, Renata Colorni, Teresa Cremisi, Romano Montroni, Jorge Herralde, Elisabetta Sgarbi für das Verlagshaus La nave di Teseo, Pietro Biancardi und an Emilia Lodigiani für das Verlagshaus Iperborea, Jean Richard für das Verlagshaus Éditions d’en bas, Philipp Keel für das Verlagshaus Diogenes vergeben und an Andreas Rötzer für Matthes & Seitz Berlin.
Die zwölfte Ausgabe der Eventi letterari wird von der Associazione Eventi letterari Monte Verità gefördert, der Raphaël Brunschwig vorsteht. Die künstlerische Leitung liegt bei Stefan Zweifel, beraten wird er dabei von Maike Albath und Stefano Knuchel. Organisatorische Leiterin ist Carmen Werner. Das Festival wird jedes Jahr von diversen Einrichtungen gefördert: dem Departement für Bildung, Kultur und Sport des Kantons Tessin, der Gemeinde Ascona und der Tourismusorganisation Lago Maggiore e Valli. Die Durchführung ist möglich dank bedeutender Partner aus der Privatwirtschaft wie die Mobiliar und Hertz und der Hilfe wichtiger Schweizer Kulturstiftungen.