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Iso Camartin, Georg Kohler und Barbara Vinken - Utopie und Gedächtnis

Utopien sind nicht nur Entwürfe und Projektionen in die Zukunft. Sie spielen auch mit Vergangenem und verwandeln dieses nach vielfältigen Bedürfnissen. Insofern kann man von „Akten des Eingedenkens“ sprechen, die daraus eine bessere Welt formen. Doch nicht nur in der Universalgeschichte tauchen solche Strategien auf. Auch unser je individuelles Gedächtnis steht in Verbindung mit Formen der Utopie: die Verklärung der Kindheit und ihr Wiederfinden in wehmütiger Erinnerung ist dafür ein besonders prägnantes Beispiel. Der Mensch ist zwar konstitutionell auf das Künftige fokussiert. Aber zugleich schleppt er die Freuden und Lasten vergangener Zeiten mit sich und muss dabei oft schmerzhaft fühlen, wie diese zu Utopien geworden sind – zu Orten, die es nicht mehr gibt.

Iso Camartin

Iso Camartin, 1944 in Chur geboren, ist Essayist und Autor. Er wächst in Disentis auf und studiert später Philosophie und Romanistik in München, Bologna und Regensburg. Von 1985 bis 1997 ist er ordentlicher Professor für rätoromanische Literatur und Kultur an der ETH und an der Universität Zürich. Er lehrt und forscht über sprachlich-kulturelle Minderheiten und über die Kulturgeschichte des Alpenraums. Von 1996 bis 1998 moderiert er die Sternstunde Kunst beim Schweizer Fernsehen DRS, wo er von 2000 bis 2003 Leiter der Kulturabteilung ist. Von 2004 bis 2012 ist er am Opernhaus Zürich für die Opernwerkstatt verantwortlich. Zudem hat er als Literaturkritiker in verschiedenen Jurys mitgewirkt, unter anderem beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt. Er lebt als freier Autor und Publizist in Zürich, Disentis und New Brunswick, in den Vereinigten Staaten. 

Bibliografie

Opernliebe. Ein Buch für Enthusiasten, 2014, C.H.Beck
Die Schweiz. Portrait meines Landes, 2012, beck’sche reihe
Im Garten der Freundschaft, 2011, C.H.Beck
Die Geschichten des Herrn Casparis, 2008, C.H.Beck
Bin ich Europäer? Eine Tauglichkeitsprüfung, 2006, C.H.Beck
L’Europa, una patria?, 2010, Armando Dadò Editore
Belvedere – Das schöne Fernsehen, 2005, Suhrkamp
Jeder braucht seinen Süden, 2003, Suhrkamp
Von Sils Maria aus betrachtet. Ausblicke vom Dach Europas, 1991, Suhrkamp
Sils-Maria ou le toit de l’Europe, 1996, Éditions Zoé
Nichts als Worte? Plädoyer für Kleinsprachen, 1985, Artemis,
Rien que des mots? Plaidoyer pour les langues mineures, 1989, Éditions Zoé

Auszeichnungen

1998 Johann-Heinrich-Merck-Preis
1997 Prix littéraire Lipp Zürich
1988 Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis
1986 Prix européen de l’essai Charles Veillon
1984 Oertli-Preis

Georg Kohler

Georg Kohler, 1945 in Konolfingen geboren, studiert Philosophie, Literatur- und Rechtswissenschaft in Zürich sowie in Basel. Seine Habilitation erfolgt 1987. Nach einer Lehrstuhlvertretung der Professur für politische Philosophie und Theorie am Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig Maximilian Universität München zwischen 1992 und 1994, besetzt er bis 2010 an der Universität Zürich den Lehrstuhl für Philosophie, mit besonderer Berücksichtigung der Politischen Philosophie. Von 2011 bis 2014 ist er zudem Gastprofessor an der Technischen Universität Dresden. Neben seiner akademischen Tätigkeit schreibt er für NZZ, Blick und Tages-Anzeiger.

Bibliografie

Bibliografie (Auswahl)
Jakob, das Krokodil: eine wahre Geschichte (con Claudia de Weck), 2013, Atlantis
Bürgertugend und Willensnation. Über den Gemeinsinn und über die Schweiz, 2010, NZZ Libro
Über das Böse, das Glück und andere Rätsel. Zur Kunst des Philosophierens, 2005, Rüffer & Rub
Die Schöne Kunst der Verschwendung. Fest und Feuerwerk in der europäischen Geschichte (con/mit/avec Alice Villon-Lechner), 1988, Artemis

Herausgegebene Veröffentlichungen (Auswahl)
Psychische Regulierung, Kollektive Praxis und der Raum der Gründe. Ein Problemaufriss (con/mit/avec Brigitte Boothe, Andreas Cremonini), 2012, Königshausen & Neumann
Expansion der Moderne (con/mit/avec Jürg Albrecht, Bruno Maurer), 2010, gta Verlag
Souveränität im Härtetest. Selbstbestimmung unter neuen Vorzeichen (con/mit/avec Katja Gentinetta), 2010, Verlag Neue Zürcher Zeitung
Wozu Adorno? Beiträge zur Kritik und zum Fortbestand einer Schlüsseltheorie des 20. Jahrhunderts, 2008 Velbrück Wissenschaft

Barbara Vinken

Barbara Vinken, 1960 in Hannover geboren, ist Literaturwissenschaftlerin und seit 2004 Professorin für Allgemeine Literaturwissenschaft und Romanische Philologie an der Universität München. Davor war sie Lehrstuhlinhaberin in Hamburg und Zürich. Als Gastprofessorin lehrt sie an der École des Hautes Études en Sciences Sociales Paris, der New York University, der Université Michel de Montaigne in Bordeaux, der Johns Hopkins University und der Chicago University. 2015 wird sie am Neubauer Collegium for Culture and Society der University of Chicago und am Wissenschaftskolleg zu Berlin forschen. Sie hat verschiedene Werke über die Renaissance, die Aufklärung und das 19. Jahrhundert geschrieben, insbesondere über Flaubert und über die Theorie der Mode, der auch ihr jüngster Bestseller Angezogen: Das Geheimnis der Mode (2013) gewidmet ist. Barbara Vinken schreibt zudem regelmäßig für Die Zeit, NZZ und Cicero. 

Bibliografie

Angezogen. Das Geheimnis der Mode, 2013, Klett‐Cotta
Bestien. Kleist und die Deutschen, 2011, Merve
Eine Legende der Moderne. Flauberts „Einfaches Herz“, 2009, August Verlag
Flaubert. Durchkreuzte Moderne, 2009, Fischer 
Du Bellay und Petrarca. Das Rom der Renaissance, 2001, Niemeyer 
Die deutsche Mutter. Der lange Schatten eines Mythos, 2001, Piper
Mode nach der Mode. Kleid und Geist am Ende des 20. Jahrhunderts, 1993, Fischer
Unentrinnbare Neugierde. Die Weltverfallenheit des Romans. Richardsons „Clarissa“ und Laclos’ „Liaisons dangereuses“, 1991, Rombach

Herausgegebene Veröffentlichungen (Auswahl)
L’Europa di Manzoni – Il Manzoni dell’Europa (con Francesca Broggi-Wüthrich, Angela Oster), 2015, Utz
Translatio Babylonis. Unsere orientalische Moderne, 2015 Fink
Flaubert. Genèse et poétique du mythe (con Pierre-Marc de Biasi, Anne
Herschberg Pierrot), 2015, EAC
Voir, croire, savoir. Les épistémologies de la création chez Flaubert (con Pierre-Marc de Biasi, Anne Herschberg Pierrot), 2014, De Gruyter
Reihe Flaubert-Lectures, 2009-2012, August Verlag
Arsen bis Zucker. Flaubert-Wörterbuch (con Cornelia Wild), 2010, Merve
Übertragene Anfänge. Imperiale Figurationen um 1800 (con Tobias Döring, Günter Zöller), 2010, Wilhelm Fink
Le Flaubert réel (con Peter Fröhlicher), 2008, Niemeyer
Stigmata. Poetiken der Körperinschrift (con Bettine Menke), 2004, Wilhelm Fink
Die nackte Wahrheit. Zur Pornographie und zur Rolle des Obszönen in der
Gegenwart, 1997, Deutscher Taschenbuchverlag
Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika, 1992, Suhrkamp

Auszeichnungen

2010 Pro meritis scientiae et litterarum des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Martin Meyer - Moderation

Martin Meyer, 1951 in Zürich geboren, studiert Philosophie, Literatur und Geschichte. 1974 wird er Redaktor im viel beachteten Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung, das er seit 1992 leitet. Seine Arbeitsgebiete sind Zeitanalysen, literarische und philosophische Themen sowie klassische Musik. In seinen Buch-Publikationen als Autor und Herausgeber beschäftigt er sich unter anderem mit Ernst Jünger, Thomas Mann, die Schweiz und Europa. Von ihm erschienen sind Ende der Geschichte? (1993), Krieg der Werte (2003) oder Tagebuch und spätes Leid (über Thomas Mann, 1999) und Piranesis Zukunft (Essays zu Literatur und Kunst, 2009). Er ist korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Bibliografie

Albert Camus. Die Freiheit leben2013, Hanser Verlag
Piranesis Zukunft. Essays zu Literatur und Kunst, 2009, Hanser Verlag
Krieg der Werte. Wie wir leben, um zu überleben, 2003, Nagel & Kimche
Tagebuch und spätes Leid. Über Thomas Mann1999, Hanser Verlag
Die Schweiz – für Europa? Über Kultur und Politik (con/mit/with Georg Kohler)1998, Hanser Verlag
Die Folgen von 1989 (con/mit/with Georg Kohler)1994, Hanser Verlag
Ende der Geschichte?1993, Hanser Verlag
Intellektuellendämmerung? Beiträge zur neuestes Zeit des Geistes1992, Hanser Verlag
Vom Übersetzen1990, Hanser Verlag
Ernst Jünger1990, Hanser Verlag

Auszeichnungen

2011 Dottore honoris causa/Ehrendoktor/Honorary Doctorate Universität St.Gallen
2003 Prix Européen de l'Essai Charles Veillon