Veranstaltungen

Das lustvolle Spiel mit der Sprache

Theater-Performance in zwei Teilen

Erster Teil
«Das Lustvolle Spiel mit der Sprache» /«Il divertente gioco con il linguaggio» 
Ein Dada-Abend mit Musik und Gedichten von Kurt Schwitters, Hugo Ball u. a. 
Leitung: Joachim Sartorius
Eine Produktion der Eventi letterari, in Zusammenarbeit mit dem Teatro San Materno. 
Mit Jaap Blonk, Lesung und Performance 
Jacques Demierre, Klavier 
Urs Leimgruber, Saxophon.

Zweiter Teil
«Karawane, die Treppe hinuntersteigend»
Mit Peter Schweiger, Stimme 
Petra Ronner, Klavier 
Thomas Peter, Elektronik.
Die Veranstaltung findet in deutscher Sprache statt.

Im Jahr 1916 gründete der Theaterregisseur Hugo Ball (*1886 in Pirmasens - †1927 in Sant'Abbondio, Schweiz) gemeinsam mit Emmy Hennings das “Cabaret Voltaire”, das bald schon zu einem Ort der Begegnung, des künstlerischen Experiments und der Revolution wurde – zur Wiege des Dadaismus; einer Bewegung, die traditionelle Kunstformen zerstörte und erneuerte. Zu seinen Mitgliedern zählten Marcel Janco, Richard Huelsenbeck, Tristan Tzara und Hans Arp. Im “Cabaret” wurden Ausstellungen russischer und französischer Kunst, Tanz-Veranstaltungen, dichterische Lesungen und afrikanische Musik-Aufführungen abgehalten; provokative und ketzerische Schauspiele, die zu wahren kulturellen “Ereignisse” avancierten. 
Mit dieser im künstlerischen und menschlichen Sinn revolutionären Erfahrung im Gepäck kam Ball ins Tessin und brachte den Dada-Geist nach Ascona. 
Inspiriert von jenen Abendveranstaltungen inszenieren die Eventi Letterari und das Teatro S. unter der Leitung von Festival-Co-Direktor Joachim Sartorius ein Schauspiel, das die Klang-Gedichte von Hugo Ball und die irren Texte von Dada-Protagonisten wie Kurt Schwitter und Tristan Tzara wiederaufleben lässt. Die zugleich fabelhaften und melodramatischen Welten dieser Autoren werden vom holländischen Komponist, Dichter und Performer Jaap Blonk in Szene gesetzt, der als einer der weltweit besten Vocal Artists gilt. Blonks Vertonung werden die aussergewöhnlichen Improvisationen des Genfer Pianisten Jacques Demierre und des Luzerner Saxofonisten Urs Leimgruber entgegengesetzt.


Zweiter Teil
«Karawane, die Treppe hinuntersteigend»
Mit Peter Schweiger, Rezitation
Petra Ronner, Klavier
Thomas Peter, Elektronik.
1916 verfasste Hugo Ball das Dadaistische Manifest, worin er der Gesellschaft seiner Zeit und dem Verfall, in dem sie sich seiner Meinung nach befand, harte Kritik entgegenschleuderte und seine Uneinigkeit mit jenen Philosophen der Vergangenheit ausdrückte, die sich im Besitz der ultimativen Wahrheit wähnten. Im selben Jahr schrieb Ball das Gedicht Karawane aus Worten ohne Sinn. Dessen Bedeutung liegt denn auch in der durch den fehlenden Sinn entstehenden Absurdität, was eines der Hauptprinzipien des Dadaismus widerspiegelt. 
Gemeinsam mit seiner Frau, der Pianistin und Komponistin Petra Ronner, bringt der bekannte Regisseur und Schauspieler Peter Schweiger, der 2001 mit dem renommierten Hans-Reinhart-Ring ausgezeichnet wurde, eine Montage aus Gedichten und Klängen dadaistischer Autoren auf die Bühne (Hausmann, Ball, Arp, Tzara, Satie, Nebel, Schwitters, Huelsenbeck etc.). Diese bäumen sich im Protest gegen kriegsverherrlichenden Ideale gegen die klassischen Klangtraditionen auf und erhalten durch die von Thomas Peter abgemischte Elektronik eine zusätzliche Dimension.

Jaap Blonk - Moderation

Der Komponist, Dichter und Performer Jaap Blonk (*1953 in Woerden/Niederlande) ist einer der weltweit besten Stimmkünstler mit einer Vorliebe für experimentelle Literatur und außergewöhnliche Auftritte. Nach seinem Studium der Physik, Mathematik und Musikwissenschaft begann er in den späten 70er Jahren Saxophon zu spielen und zu komponieren. Beim Rezitieren von Poesie und eigenen Vokalkompositionen entdeckte er das Potenzial seiner Stimme, die fast 20 Jahre lang sein Hauptinstrument beim Entdecken neuer Klangformen bleiben sollte. Seit Ende der neunziger Jahre experimentiert Blonk mit Computern und benutzt – unter theatralischer Einbeziehung ihrer Bedienung in seine Performances – technische Hilfsmittel wie Kehllautverstärker oder Kontaktmikrofone, so etwa bei der Bild-Klang-Installation «Iles Flottantes». 2006 wendete er sich von der Bühne ab und der Mathematik zu, die er nutzt, um Musik, visuelle Animation und Poesie mit Hilfe algorithmischer Kompositionen zu erschaffen. 
Sowohl als Solokünstler als auch zusammen mit verschiedensten Musikern und Ensembles aus dem Bereich der zeitgenössischen Musik trat er in Europa, den USA, Kanada, Indonesien, Japan, Südafrika und Lateinamerika auf. Auf der Bühne feierte er unter anderem als kongenialer Interpret von Kurt Schwitters' lautmalerischer «Ursonate» Erfolge. Blonk realisierte verschiedene Stücke der Komponistin Carola Bauckholt für die Bühne, schrieb eine Auftragsarbeit für die Donaueschinger Musiktage, mehrere Hörspielaufträge und arbeitete zusammen mit dem Bild- und Computerkünstler Golan Levin. 1983 gründete er die Modern Jazz Band Splinks, die er bis 1999 leitete, sowie BRAAXTAAL (Avantgarde Rock, 1987-2005). Von ihm sind 15 CDs im eigenen CD-Label Kontrans erschienen (darunter «Flux de Bouche», «Vocalor» oder «Six Sound Poems by Baba- Oemf»), weitere Aufnahmen bei den Labels Staalplaat, Basta und VICTO.

Jacques Demierre - Moderation

Jacques Demierre (*4. Januar 1954 in Genf) ist Pianist, Komponist und Improvisationskünstler. Er studierte an der Universität Genf, am Conservatoire Populaire (Klavier, Jazzklavier, elektroakustische Musik) und am Konservatorium Genf (Musiktheorie). Er wendete sich früh vom klassischen Klavier ab und gelangte über Avantgarde Rock und Jazz zur Improvisation. Er unterrichtete Sylvie Courvoisier, Malcolm Braff und Michel Wintsch. Außerdem ist Demierre Co-Redakteur der Zeitschrift Contrechamps, die sich mit Musik aus dem 20. Jahrhundert beschäftigt. Die musikalische Karriere von Jacques Demierre weist eine bemerkenswerte Vielfalt von Richtungen auf, darunter Improvisationsmusik, Jazz, zeitgenössische Musik, akustische Dichtung, Performance und Klanginstallationen. Bei ihm werden zahlreiche Kompositionen im Bereich des Konzertes, Jazz, Tanz und Theater in Auftrag gegeben. Beim Komponieren bewegt er sich zwischen Jazz, freier Improvisation und zeitgenössischer Musik, wobei sein besonderes Interesse der Herausforderung gilt, die notierte und improvisierte Musiktradition zusammen zu bringen. Als Pianist spielte er in zahlreichen Improvisationsmusik-Formationen, darunter unter anderem im Trio mit Barre Philips und Urs Leimgruber, mit Martial Solal, Radu Malfatti, Joëlle Léandre, Urs Blöchlinger, Irene Schweizer, Hans Koch, Carlos Zingaro, Han Bennink, Ikue Mori, Dorothea Schürch. Als Pianist gibt er regelmäßig Solokonzerte und arbeitet mit Ensembles für Neue Musik zusammen.

Urs Leimgruber - Moderation

Urs Leimgruber (*1. Januar 1952 in Luzern) ist ein Schweizer Saxophonist, der sich zwischen Improvisation, Jazz und Neuer Musik bewegt. 1972 gründete er zusammen mit dem Gitarristen Christy Doran, dem Schlagzeuger Fredy Studer und dem Kontrabassisten Bobby Burri das Luzerner Quartett „OM“, das mit „Electricjazz-Freemusic“ bis in die 80er-Jahre erfolgreich in der Schweiz und in Deutschland auftrat. Seit 1987 spielt er gemeinsam mit Don Friedman, Burri und Joël Allouche im Quartett „Reflexionen“, mit Joëlle Léandre am Kontrabass, Marilyn Crispell am Klavier und Fritz Hauser am Schlagzeug bildet er das „Quartet Noir“. Mit Barre Phillips und Jacques Demierre gründet er das „Trio Idp“, das ausschließlich akustische Musik ohne elektronische Verstärker spielt. Seit 2008 ist er Mitglied des Improvisationssextetts „Six“ und spielt gemeinsam mit der Schweizer Improvisationsflötistin Anne Gillot, der Vokalimprovisatorin Dorothea Schürch, der Bratschistin Charlotte Hug und dem Analog Synthesizer-Spieler Thomas Lehn. Außerdem arbeitet Leimgruber mit Saadet Türköz zusammen und realisiert gemeinsame Projekte mit dem ARTE Quartett. Urs Leimgruber tritt auch als Solo-Performancekünstler auf und arbeitet an diversen Tanz-, Radio- und Filmprojekten. Urs Leimgruber hat zahlreiche Konzertourneen durch West- und Osteuropa, USA, Kanada, Südamerika und Japan unternommen und ist gemeinsam mit renommierten Musikern aufgetreten. Von 1988-2005 lebte er in Paris, 2005 ist er in seine Heimatstadt Luzern zurückgekehrt.

Peter Schweiger - Moderation

Peter Schweiger (*6. Januar 1939 in Wien) ist Theater- und Opernregisseur sowie Interpret von Melodramen und zeitgenössischem Musiktheater. Nach dem Studium der Elektrotechnik von 1959-62 besuchte er die Schauspielschule Krauss in Wien und beendete diese mit einem Abschluss in Darstellung und Regie. Er inszenierte in Wiener Keller- und Kleintheatern, arbeitete nach seiner Umsiedelung in die Schweiz 1965 vorerst als Schauspieler und spezialisierte sich später auf die melodramatische Rezitation klassischer und moderner Musikliteratur. Mit den Musikern Werner Bärtschi und Daniel Fueter gründete er 1971 die Gruppe “Snom & Zasch”, die sich schwerpunktmäßig mit den Übergängen zwischen Theater und Musik beschäftigt. Von 1974-78 übernahm Schweiger die Leitung des neuen Ensembles der Innerstadtbühne Aarau, bis er ab 1978 als Drehbuchautor und Regisseur für das Fernsehen DRS Sendungen über und zu Musik gestaltete. Von 1983–89 leitete er das Theater am Neumarkt Zürich. Ab 1989 war Schweiger als freischaffender Sprecher/Rezitator an verschiedenen Theatern tätig, bevor er am Stadttheater St. Gallen 1994 Schauspieldirektor im Direktorenkollektiv (mit Werner Signer und John Neschling) wurde und sich auch hier für die Förderung und Pflege zeitgenössischer Schweizer Dramatiker einsetzte. Er lehrte an der Schauspiel-Akademie Zürich und war 1998–2001 Studienleiter des Nachdiplomstudiums “Szenisches Gestalten” an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich. 2001 wurde Peter Schweiger für sein Gesamtschaffen mit dem Hans Reinhart-Ring, der höchsten Auszeichnung im Theaterleben der Schweiz, geehrt. Aktuell tritt Peter Schweiger mit seiner Frau, der Pianistin Petra Ronner, im Zürcher „sogar Theater“ mit Melodramen wie „Der traurige Mönch“ von Franz Liszt/Lenau oder „Der Heideknabe“ von Robert Schumann/Hebbel auf, in denen die Grenze zwischen Musik und Sprache aufgebrochen und das Zusammenspiel von Stimme und Instrument künstlerisch ausgeschöpft wird.

Petra Ronner - Moderation

Petra Ronner (*1963 in Zürich) ist Pianistin und Klangkünstlerin. Mit fünf Jahren erhielt sie erstmalig Klavierunterricht und kam in ihrem Elternhaus schon früh mit zeitgenössischem Musik-, Kunst- und Architekturschaffen in Berührung. Mit Unterstützung von Förderstipendien der Stadt Zürich studierte sie Klavier bei Werner Bärtschi und anfangs parallel dazu die Fächer Deutsche Literatur, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Zürich. Seit 2002 ist Petra Ronner Mitglied der Gruppe für neue Musik Baden GNOM. 2006 verbrachte sie einen Studienaufenthalt an der University of Witwatersrand Johannesburg, 2007 machte sie ihren Master of Art in Public Sphere (MAPS) der Hochschule Luzern. 2010 folgte ein weiterer Südafrika-Aufenthalt als Artist in Residence der Pro Helvetia, 2011 erhielt sie einen Werkbeitrag des Aargauer Kuratoriums. 
Petra Ronner arbeitet als Solistin, Kammermusikerin und Improvisatorin. Ihre von großer Vielfalt gekennzeichneten Konzertauftritte legen Zeugnis von ihrem umfassenden musikalischen Schaffen ab. Als Pianistin setzt sie sich insbesondere mit dem Repertoire für Soloklavier, Klavierduo, Klavier und Schlagzeug auseinander sowie mit der Kombinationen von Klavier mit gesungener und gesprochener Sprache. Sie entwirft Klangkonzepte und Kompositionen im Kontext von Kunst und Theater, wobei zunehmend die orts- und themenspezifische künstlerische Arbeit mit Klang ins Zentrum ihrer Arbeit rückt und Soundtracks mit und ohne Video, Theatermusiken, Hörstücke und Kompositionen für mechanische Instrumente, Tonträger oder Installationen entstehen. Außerdem ist sie als Dozentin und Veranstalterin von Workshops und Konzerten zu zeitgenössischer Musik tätig. Petra Ronner lebt in Zürich zusammen mit ihrem Mann, dem Schauspieler und Regisseur Peter Schweiger.

Thomas Peter - Moderation

Thomas Peter (*1971) ist Musiker und Komponist. Er studierte Audiodesign, Komposition und Improvisation an der Hochschule für Musik in Basel, bevor er sich auf die Komposition elektroakustischer Musik, Laptop-Performances, improvisierter Musik, Klanginstallationen, Theatermusik und die Realisation und Interpretation von Live-Elektronik spezialisierte. Dabei gilt sein Interesse vor allem dem digitalen Bereich der elektronischen Musik, sowohl in komponierter als auch in improvisierter Form. Darüber hinaus setzt er sich spielerisch-experimentell mit der digital gesteuerten Klangerzeugung auseinander und erprobt deren Wirkung auf ihr unmittelbares Umfeld. Auf seinen Konzerten bewegt er sich zwischen improvisierter elektronischer Musik und mehrkanaligen, den Raum mit Klang füllenden Laptop-Performances. Seit 2005 ist er Teil des Ensembles „Phoenix Basel“ und Mitglied mehrerer Improvisationsformationen und dem Duo „thand“, in dem er gemeinsam mit André Meier (amplified trumpet) alle Facetten der Geräusch- und Tonerzeugung auslotet und mit Hilfe seines Laptops Soundfiles bearbeitet, verzerrt oder geloopt. In langjähriger Zusammenarbeit hat das Duo eine typische Spiel- und Klangcharakteristik entwickelt, die energetisch, geräuschvoll und von großer Dynamik ist. Als Solokünstler und Interpret zeitgenössischer Musik tritt Thomas Peter in Europa, Asien und den USA auf. Für den IRMAT, den Grammont Verlag und die Kompositionswerkstatt 06 Basel komponiert er Auftragswerke. Thomas Peter lebt und arbeitet in Zürich.